Aussegnungshalle: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Ehemaliger Westausgang der Feierhalle'''
Die Aussegnungshalle (auch „Leich-Haus“ genannt) wurde 1743 unter Fürst Viktor Friedrich von Anhalt-Bernburg errichtet. Dies bezeugt die Inschrift über dem Ost-Eingang:


Gedenkplatte für die 14 Opfer des „Bernburger Bürgermords“ vom 16. März 1849 als Ersatz für den Gedenkstein, der für den Bau der Schwimmhalle 1974 abgeräumt wurde. Die Aussegnungshalle war ursprünglich von Ost und West begehbar. Das Westportal wurde vermutlich bereits vor 1900 zugemauert, die lateinische Inschrift in der Kartusche 1974 überputzt. Sie lautete übersetzt:
[Fü]rst Victor Friederich erbauten diesen […]


Fürst Viktor Friedrich stiftete dieses Haus,
Zum beßren Leich-Geleit, zur Lehr und Sterb-Eyem [?]


damit man bei Beerdigungen darin eine geeignete Versammlungsmöglichkeit hätte.
Ihr Enkel! rühmt dereinst diß herrliche Geschenk,


Enkel, verrichtet den letzten Liebesdienst dankbar, bis diese Hügel Eure Gebeine decken!
seyd deßen bis zur Grufft dankbarlichst eingedenk.


Selbst eingedenk des Todes mahnt Fürst alle an das Sterben.
Der Fürst erinnern Sich, und uns, wie für diß Leben.


Der Tod wird hier ohne Verderben auch den Rechtschaffenen eine Freude sein.
Der Tod wird frommen hier, anstatt des Unfalls, geben.


Die letzte Zeile enthielt ein Chronogramm, das durch hervorgehobene Binnenbuchstaben zusammengesetzt das Erbauungsjahr (1743)
Anno 1743


'''M'''ors '''D'''e'''C'''or ha'''C''' e'''X''' sors '''L'''ab'''I'''s et '''I'''psa prob'''I'''s  (MDCCXLIII)


Ein solches Chronogramm befindet sich auch in der Kartusche über dem Eingangsportal des Regierungsgebäudes auf dem Markt.
Ab 1758 durften einmal im Monat hier die Lutheraner (das Land war reformiert (calvinistisch)) Gottesdienst halten. Da diese ihre „alte Bibel“ mitbrachten, bürgerte sich im Volksmund die Bezeichnung „Alte Bibel“ für den Friedhof ein (so eine der möglichen Erklärungen für die Namensherkunft „Alte Bibel“; eine erheblich jüngere Entstehungszeit legt die Aussage von Dr. Gunnar Müller-Waldeck nahe, wonach sein Onkel Georg Müller, Sohn des gleichnamigen Stadtrates für die Ressorts Theater und Friedhofswesen, ihm berichtet habe, dass die Bezeichnung "Alte Bibel" von einem Grabstein an der Nordseite der Friedhofskapelle herrührte, auf dem eine aufgeschlagene Bibel abgebildet war.). Nach der Inbetriebnahme des Friedhofs II verlor die Kapelle zunehmend an Bedeutung, bis 1894 hier ein Knabenhort eröffnet wurde. Dieser erhielt 3 Jahre später den Knabenhortgarten jenseits der Friedhofsmauer – den späteren Lohelandgarten.


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Ab den 1920er Jahren wurde hier wertvolle Grabsteine aufbewahrt, die bei der Umgestaltung des Friedhofes zu einem Stadtpark nicht entsorgt werden sollten. Im Zuge der radikalen Maßnahmen von 1974 wurden sie jedoch alle weggeworfen. Das Gebäude wurde zur „Stadthalle“, diente als Ausstellungsraum und Ausweichspielstätte für das Kino. Seit den 1990er Jahren hat hier die „Dance Collection e. V.“ einen gut geeigneten Übungssaal.
 
Der „Bernburger Bürgermord“ im Zuge der bürgerlichen Revolution ist ein Ereignis mit Landesbedeutung – nirgends sonst gab auf dem Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalts mehr Opfer als in Bernburg. Hintergrund: Am 15.3.1849 wurde der Demokraten-Anführer Joseph Calm in Ballenstedt während eine Wahlkampf-Aktion verhaftet und am Morgen des 16. März aus dem Gefängnis (Vorgängerbau des heutigen Verwaltungsgebäudes des Campus Technicus) befreit und im Triumphzug zum Regierungsgebäude gebracht. Hunderte Bernburger warteten auf dem Markt auf die förmliche Freisprechung von Joseph Calm. Währenddessen war anhalt-bernburgisches Militär aus der Bergstadt kommend im Anmarsch. Als die Bewaffneten sich durch die Menge drängten, fiel ein Schuss. Panik breitete sich aus. Mehrere Verwegene flüchteten jedoch nicht, sondern stellten sich ostentativ vor das Tor des Regierungsgebäudes. Nun erteilte Hauptmann von Trützschler Schießbefehl.

Aktuelle Version vom 9. September 2021, 17:26 Uhr

Aussegnungshalle
Stadtgottesacker Aussegnungshalle - Angelika Böhlk.jpg
Memorial: Historischer Stadtfriedhof Alte Bibel
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Position: 51° 47' 51.68" N, 11° 44' 27.06" E
Objekte in der Umgebung
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Die Aussegnungshalle (auch „Leich-Haus“ genannt) wurde 1743 unter Fürst Viktor Friedrich von Anhalt-Bernburg errichtet. Dies bezeugt die Inschrift über dem Ost-Eingang:

[Fü]rst Victor Friederich erbauten diesen […]

Zum beßren Leich-Geleit, zur Lehr und Sterb-Eyem [?]

Ihr Enkel! rühmt dereinst diß herrliche Geschenk,

seyd deßen bis zur Grufft dankbarlichst eingedenk.

Der Fürst erinnern Sich, und uns, wie für diß Leben.

Der Tod wird frommen hier, anstatt des Unfalls, geben.

Anno 1743


Ab 1758 durften einmal im Monat hier die Lutheraner (das Land war reformiert (calvinistisch)) Gottesdienst halten. Da diese ihre „alte Bibel“ mitbrachten, bürgerte sich im Volksmund die Bezeichnung „Alte Bibel“ für den Friedhof ein (so eine der möglichen Erklärungen für die Namensherkunft „Alte Bibel“; eine erheblich jüngere Entstehungszeit legt die Aussage von Dr. Gunnar Müller-Waldeck nahe, wonach sein Onkel Georg Müller, Sohn des gleichnamigen Stadtrates für die Ressorts Theater und Friedhofswesen, ihm berichtet habe, dass die Bezeichnung "Alte Bibel" von einem Grabstein an der Nordseite der Friedhofskapelle herrührte, auf dem eine aufgeschlagene Bibel abgebildet war.). Nach der Inbetriebnahme des Friedhofs II verlor die Kapelle zunehmend an Bedeutung, bis 1894 hier ein Knabenhort eröffnet wurde. Dieser erhielt 3 Jahre später den Knabenhortgarten jenseits der Friedhofsmauer – den späteren Lohelandgarten.

Ab den 1920er Jahren wurde hier wertvolle Grabsteine aufbewahrt, die bei der Umgestaltung des Friedhofes zu einem Stadtpark nicht entsorgt werden sollten. Im Zuge der radikalen Maßnahmen von 1974 wurden sie jedoch alle weggeworfen. Das Gebäude wurde zur „Stadthalle“, diente als Ausstellungsraum und Ausweichspielstätte für das Kino. Seit den 1990er Jahren hat hier die „Dance Collection e. V.“ einen gut geeigneten Übungssaal.